Wissenschaftlich Schreiben

Mixed Methods | So kombinierst du qualitative und quantitative Daten

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Du grübelst über das Studiendesign deiner wissenschaftlichen Arbeit und hast den Tipp bekommen, dich mal über Mixed Methods Forschung schlau zu machen?

Dann bist du hier zur richtigen Zeit am richtigen Ort gelandet.

Denn in den nächsten paar Minuten gebe ich dir die Grundlagen des Mixed Methods Approaches an die Hand. Du lernst, in welchen Fällen es Sinn macht qualitative und quantitative Daten bzw. Analyse-Elemente miteinander zu kombinieren. Außerdem lernst du die gängigste Methodik und ein paar hilfreiche Grundlagenwerke kennen.

So kannst du auf der Stelle entscheiden, ob Mixed Methods für deine Arbeit geeignet sind und an welcher Stelle du anschließend deine Recherche zu diesem Thema fortsetzen kannst.

Wissenschaftstheoretische Entstehung von Mixed Methods (stark vereinfacht)

Um das Konzept der Mixed Methods zu verstehen, lohnt sich ein kleiner Ausflug in die Wissenschaftstheorie. Grundsätzlich können wir in der heutigen Forschungslandschaft zwischen zwei vorherrschenden Epistemologien unterscheiden.

Epistemologie sind Erkenntnistheorien und beschreiben, wie wir als Forschende den Weg von der Realität zur Erkenntnis zurücklegen können. Also kurzgesagt: Wie entsteht wissen?

Diese zwei unterschiedlichen Lager bestehen grob gesagt aus Positivisten und Interpretivisten. Diese beiden Lager zanken sich seit eh und je darüber, welches Paradigma das wahre ist. In einzelnen Forschungsdisziplinen wie BWL, Soziologie oder Politikwissenschaft können beide Lager vertreten sein.

Manche Disziplinen sind dagegen so geprägt, dass das eine Lager die Vorherrschaft besitzt und das andere oft nicht oder nur selten anerkannt wird.

Innerhalb dieser Lager werden verschiedene Methodologien befolgt, also eine Art Werkzeugkasten an Methoden. Diese Methodologien sind klassisch entweder qualitativ (auf Seiten der Interpretivisten) oder quantitativ (auf Seiten der Positivisten) geprägt.

Die Wissenschaft hat sich jedoch immer weiter entwickelt und ist deutlich pluralistischer geworden. Die strikte Trennung zwischen beiden Lagern wurde aufgeweicht und man schätzt die Vor- und Nachteile der anderen Seite.

Das ging dann soweit, dass sogar eine Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden vorgeschlagen wurden, da dies in manchen Fällen enorme Vorteile bringen kann. Geboren waren die Mixed Methods!

PS. Das waren ziemlich viele Wissenschaftstheoretische Begriffe. Schreib mir doch mal in die Kommentare, ob du eine Video-Reihe zu diesem Thema cool finden würdest und welche Begriffe dich besonders interessieren.

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Definition von Mixed Methods

Damit man von Mixed Methods sprechen kann, müssen innerhalb eines Studiendesigns sowohl qualitative als auch quantitative Methoden vorkommen. Das bedeutet, dass das Studiendesign gezielt mit dieser Kombination im Sinn entwickelt wird und die Forschungsfrage nur durch die Kombination beantwortet werden kann.

Die Wahl der Methode oder einer Kombination sollte also immer eng mit der ausgehenden Forschungsfrage, dem Forschungsziel und dem Kontext der Forschung verknüpft sein.

Die erste Frage die du dir stellen solltest, ist also:

Welchen Mehrwert bieten mir Mixed Methods im Vergleich zu einem Studiendesign mit nur qualitativen oder nur qualitativer Methodik? 

Um dir da ein wenig auf die Sprünge zu helfen, hier ein paar Vorteile der Mixed Methods, die du als Begründung deines Studiendesigns anwenden kannst.

Vorteile von Mixed Methods

#1 Mixed Methods können gleichzeitig offene und geschlossene Forschungsfragen beantworten

Ok. Was soll das heißen?

Durch den qualitativen Anteil des Studiendesigns kannst du explorativ vorgehen und eine offene Forschungsfrage (z.B. Wie verbreitet sich eine Infodemic, also eine Epidemie von Falschinformationen, in Sozialen Medien?)

Mithilfe des quantitativen Anteils kannst du in der gleichen Studie gezielte Hypothesen testen (z.B. ein Warnhinweis, dass es sich um unbestätigte Informationen Dritter handelt, wirkt sich hemmend auf eine Infodemic aus), die dann die Beantwortung einer geschlossenen Forschungsfrage zugute kommen.

Darüber hinaus zielen qualitative Methoden und offene Forschungsfragen eher auf die Entwicklung neuer Theorie ab (exploratory research), während quantitative Methoden und geschlossene Forschungsfragen oft bestehende Theorie testen (confirmatory research).

#2 Mixed Methods können die Schwächen der jeweils anderen Methode ausgleichen

Ein Beispiel: Qualitative Experten-Interviews können einer wissenschaftlichen Arbeit jede Menge Tiefe geben, allerdings kann hier oftmals nur eine Stichprobe von einem Dutzend Experten befragt werden. Sendet man jedoch zusätzlich ein Online-Survey nach quantitativem Vorbild an 100 weitere ExpertInnen, gelangt man an die nötige Breite, die eine rein qualitative Arbeit nicht hätte leisten können.

Umgekehrt funktioniert das Argument natürlich genauso.

#3 Mixed Methods können widersprüchliche Ergebnisse hervorbringen

Das klingt ja erstmal wie ein Nachteil. Ist es aber nicht. Denn indem sich die Ergebnisse beider Herangehensweisen kontrastieren, lässt sich das zu untersuchende Phänomen und auch die Imitationen der jeweiligen Einzelmethodik besser verstehen. Das führt dann insgesamt zu mehr Ansatzpunkten in der Diskussion und differenzierteren Ergebnissen.

Sollten Mixed Methods dann nicht einfach immer angewendet werden? 

Nein, natürlich nicht. Wie gesagt kommt es ganz auf Forschungsfrage, Forschungsziel und Kontext an. Möchtest du in deiner Arbeit bestehende Theorie testen, macht es nicht viel Sinn, qualitative Elemente mit aufzunehmen. Bist du noch ganz am Anfang und beackerst eine Thema, das in der Literatur noch kaum mit Theorie versehen wurde, dann kannst du dich darauf beschränken, qualitativ auf Entdeckungsreise zu gehen.

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Umsetzung von Mixed Methods

Bei der Umsetzung einer Mixed Methods Studie musst du dir genau bewusst machen, aus welchem Grund du dies tust. Daraus ergibt sich dann auch das Studiendesign beziehungsweise die Chronologie der Umsetzung. Hier die 3 häufigsten Varianten, wie Mixed Methods umgesetzt werden können.

#1 Ergänzung

Bei dieser Variante sind qualitative und quantitative Elemente gleichwertig und sollen ergänzende Ergebnisse zu einem untersuchten Phänomen hervorbringen.

Reihenfolge: Erst quantitativ (50%), dann qualitativ (50%). Oder umgekehrt.

#2 Komplettierung

Bei dieser Variante ist entweder eine der beiden Methoden höher priorisiert und wird im im Anschluss von der anderen abgesichert, damit sichergestellt ist, dass das Phänomen vollständig abgedeckt ist.

Reihenfolge: Erst quantitativ (90%), dann qualitativ (10%). Oder umgekehrt.

#3 Entwicklung

Eine qualitative Studie wird genutzt, um beispielsweise Konstrukte oder Hypothesen zu entwickeln. Diese werden dann im Anschluss mit einer quantitativen Untersuchung getestet.

Reihenfolge: Erst qualitativ (Exploration), dann quantitativ (Testen).

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Validieren der Forschungsergebnisse

In den Social Sciences, in denen du dich mit großer Wahrscheinlichkeit bewegst, ist das Validieren von Forschungsergebnissen bzw. der Forschungsdesigns ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

Für quantitative Daten gibt es sehr gut standardisierte Berechnungen (z.B. Cronbach’s Alpha), mit denen Konstrukte mit SPSS oder einer ähnlichen Programmen validiert werden können.

Bei qualitativen Daten ist der Prozess des Validieren deutlich softer und man ist sich weniger einig, was der Standard dazu ist. Ein Vorschlag von Leung (2015) umfasst diese 5 Kriterien:

  1. Deckt sich die Forschungsfrage mit dem Ergebnis der Analyse?
  2. Ist die Wahl der Methodologie geeignet, um die Forschungsfrage zu beantworten?
  3. Entspricht das Forschungsdesign der Methodologie?
  4. Ist die Stichprobe geeignet, um das Phänomen zu untersuchen?
  5. Passen die Ergebnisse und Schlussfolgerungen zur Stichprobe und dem Kontext der Forschung?

Was bedeutet das nun für deine studentische Mixed Methods Arbeit?

Ich würde dir raten, in deinem Ergebnisteil die Validieren der quantitativen Daten zu berichten und in der Diskussion die 5 genannten Kriterien der qualitativen Analyse zu adressieren. Dann hast du schon mehr getan als üblich und kannst wichtige Extra-Punkte sammeln.

Es gibt zwar auch Ansätze, wie speziell Mixed Methods validiert werden können, aber das übersteigt die Anforderungen einer studentischen Arbeit. Wenn du dennoch Interesse daran hast, kannst du bei Venkatesh et al. (2013) weiter nachlesen.

Triangulation

Eine weitere Möglichkeit, die Validität von Ergebnissen zu erhöhen, ist die Triangulation. Diese Technik bezieht sich jedoch nicht unbedingt auf Mixed Methods, sondern wenn unterschiedliche qualitative Methoden miteinander kombiniert werden.

Ein ausführliches Tutorial zur Triangulation werde ich in Kürze anfertigen und dann hier entsprechend verlinken.


Ansonsten bleibt mir nicht mehr viel zu sagen außer:

Trau‘ dich ruhig den Mixer anzuschmeißen. Auch wenn der Schwierigkeitsgrad von Mixed Methods erstmal höher erscheint, ist der Mehrwert den du generieren und die Note, die du einstreichen kannst einen Versuch wert!

Wenn du dazu Fragen hast, schreib sie mir einfach in die Kommentare.

Dein Philip


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2 Gedanken zu „Mixed Methods | So kombinierst du qualitative und quantitative Daten

  1. Hallo lieber Philip,

    vielen lieben Dank zu Deiner Mixed-Methods-Erklärung. Ich habe keine kurze Frage dazu: wenn ich vertrauensbildende Maßnahmen qualitativ auf der Anbieterseite untersuche, kann ich daraus Hypothesen bilden und diese dann auf der Nachfragerseite quanitativ testen? Also zwei Seiten bei Mixed Methods betrachten?

    Danke und liebe Grüße, Christina

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