Bei der Videographie handelt es sich um eine Forschungsmethode, mit der du Video-Inhalte für deine wissenschaftliche Arbeit auswerten kannst. Bist du also auf der Suche nach einem einfachen Leitfaden, wie du Videos systematisch auswerten kannst, dann bist du hier aber sowas von richtig!
Denn in den nächsten paar Minuten bekommst du die wichtigsten Infos und Schritte, die du brauchst, um die Videographie systematisch umzusetzen. So wird dein Prof im Methodenteil nichts zu beanstanden haben und legt deine Arbeit ganz nach oben in der Schreibtisch-Schublade.
Also zücke schnell Stift und Papier oder Tastatur und Google-Doc und werte dieses Video aus, als wäre es dein letztes. Und dann… wertest du dein erstes Video aus – aber richtig!
Inhaltsverzeichnis
Videographie als Forschungsmethode
Wenn du in deinem Methodenteil erklären möchtest, warum du gerade Videomaterial auswerten möchtest, dann kannst du dir diese Argumente zurechtlegen:
- Videos kombinieren Bild, Ton, Raum und Zeit – das macht sie zu einer besonders wertvollen Datenquelle
- Bei Filmaufnahmen von Menschen und Gruppen lassen sich soziale Prozesse besonders gut analysieren
- Die Analyse von Filmen, Werbung oder YouTube Videos verraten uns außerdem politische, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Narrative
Das coolste Seminar, was ich in meinem Bachelor-Studium hatte, war die gemeinsame Analyse von Werbespots. In einer Sitzung sprachen wir mit unserem Prof 90 Minuten über einen 46 Sekunden-Clip, nämlich den „I’m Walking“ Werbespot von Aral aus dem Jahre 1991. Kannst du dir hier auf YouTube anschauen.
Darin sind so viele versteckte Botschaften, dass man darüber auch noch länger diskutieren könnte. Wahnsinn!
Wenn du Lust hast, schreibe deine Interpretation des Spots in die Kommentare, nachdem du den Rest des Videos geschaut hast! So kannst du dich gleich hier in der Videographie üben 😉
Videographie als Forschungsmethode (Auswertung)
Wie du sicherlich in meinen anderen Videos gelernt hast, unterscheidet man in der empirischen Wissenschaft zwischen Erhebungs- und Auswertungsmethoden. Das besondere an der Videographie ist, dass sie beides sein kann (Gronostay & Manzel, 2018).
Fangen wir mit der Videographie als Auswertungsmethode an. Hier gibt es 5 Schritte zu beachten
#1 Quellenkritik
Die erste Sache, die du in deiner Analyse klarstellen musst ist: Wer hat das Video oder den Film aus welchen Gründen erstellt? Diese Informationen sind ja nicht bei allen Videos sofort ersichtlich. Bei Werbespots von Firmen sind diese Fragen relativ leicht zu klären.
Wenn du schon mal Fernsehen in den USA geschaut hast, laufen dort oft seeeehr seltsame TV-Spots die irgendwelche politischen Botschaften enthalten. Hier ist es zunächst nicht ganz so offensichtlich wer dahinter steckt und welche Motive mit so einem Spot verfolgt werden. Dies gilt es so gut aufzudecken wie möglich, indem du alles über die Quelle herausfindest, was du kannst. Das nennt man auch „Quellenkritik“
#2 Pre-Produktion
Der zweite Schritt ist die Auseinandersetzung mit der Produktion. Welche Kamera-Perspektiven werden verwendet? Was bewirkt das? Welche Ausschnitte wurden verwendet und warum?
Eine klassische Technik, die du ganz oft in Serien oder Filmen siehst, ist folgende Sequenz: Erst siehst du eine Aufnahme aus der Vogelperspektive, z.B. einer Stadt. Dann wechselt der Ausschnitt zu einem Haus, das von außen gezeigt wird. Der nächste Schnitt wechselt dann in das Haus und die Protagonisten sind zu sehen. Dann geht es weiter mit einer Nahaufnahme der Person, die dann zu reden beginnt.
Solche Techniken, die Filmschaffende im ersten Semester lernen kannst du aufdecken und die Motive dahinter beschreiben.
#3 Auswertungs-Logik bestimmen
Auch bei der Videographie kannst du induktiv Vorgehen, also ohne theoretische Brille offen in die Analyse starten. Oder du kannst mit einer Theorie starten und Hypothesen aufstellen und diese mithilfe der Auswertung überprüfen. Beides ist möglich. Welchen Ansatz du wählst, hängt von deiner Forschungsfrage und auch dem gewählten Forschungsparadigma ab (qualitativ/quantitativ).
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#4 Qualitative Auswertung
Möchtest du deine Videos qualitativ auswerten, steht dir eigentlich die gesamte Bandbreite an qualitativen Auswertungsmethoden zur Verfügung
Bei der Auswahl solltest du einfach darauf achten, wonach du suchst und welche Methode deine Forschungsfrage am besten beantworten kann. Du musst dann nur das Videomaterial systematisch in Analyseeinheiten überführen. Du kannst beispielsweise ein Transkript der Audiospur erstellen und dieses auswerten und das Video in kleine Abschnitte unterteilen, die du dann kodierst, indem du die visuellen Elemente in Kategorien einordnest und so strukturierst oder zusammenfasst.
Das Schöne an der Videographie als Forschungsmethode ist, dass du die Auswertung des Gesprochenen und der visuellen Aspekte miteinander kombinieren kannst. So ergeben sich jede Menge spannende Erkenntnisse, die du diskutieren kannst.
#5 Quantitative Auswertung
Möchtest du hypothesengetrieben arbeiten und das Videomaterial quantifizieren, dann gibt es dazu ebenfalls jede Menge Techniken. Du könntest z.B.
- Rede-Anteile in Sekunden erfassen
- Deine qualitativen Codes zählen (z.B. Wie oft kommt Kategorie A im Material vor?)
Für ein solches Vorgehen empfiehlt sich immer die Erstellung eines Codebuchs, in dem genau beschrieben ist, wie sich die Kategorien voneinander abgrenzen. So kannst du dann auch leichter im Team arbeiten und eine Inter-Koder-Reliabilität berechnen.
Als Software-Unterstützung kannst du auf Programme wie MAXQDA zurückgreifen. Gerade bei Videos ist das extrem hilfreich, weil du so deine Video-Dateien mit Zeitstempeln versehen kannst und jederzeit dein Coding und dein Material an einem Ort miteinander verknüpft hast.
Videographie als Forschungsmethode (Erhebung)
Neben der Analyse von Fremdmaterial kannst du auch selbst hinter der Kamera stehen und dein Material aufzeichnen. Ein klassisches Beispiel wäre das Mitschneiden einer Unterrichtsstunde in der Schule. Zu beachten sind hier natürlich ethische Aspekte und der Datenschutz.
Selbst das Material zu filmen ist natürlich ein ganz schöner Aufwand. Allerdings hast du dann einzigartige Daten, die sonst niemand hat. Außerdem kannst du selbst entscheiden, wie und was du filmst, um dich bestmöglich einer Antwort zu deiner Forschungsfrage zu nähern.
Das Vorgehen dieser Methode folgt typischerweise 5 Phasen.
#1 Vorbereitung
- Klären von Datenschutzfragen und Zustimmung der Ethik-Kommission der Uni
- Schriftliche Erlaubnis zum Filmen einholen
- Ausleihen von Video-Equipment (Kamera, Mikrophon, Licht)
- Team Briefing
- Film-Set auskundschaften
#2 Datenerhebung
- Aufbau des Equipments
- Ankündigung vor allen Beteiligten
- Protokoll führen
- Für Sicherheit sorgen (Strom, Kabel, etc.)
- Film ab! (mit Filmklappe)
#3 Datenaufbereitung
- Ton und Video-Dateien auf den Rechner ziehen
- Ggf. komprimieren
- Ton und Video synchronisieren
- Unnötiges rausschneiden
- Transkripte erstellen
#4 Datenanalyse
(Siehe Analyse von Fremdmaterial)
- Auswertungsmethode festlegen
- Codebuch erstellen
- Alle Codierer trainieren
- Codieren
- Reliabilitätscheck (z.B. Cohen’s Kappa)
#5 Archivierung
- Back-Ups der Video-Dateien erstellen
- Zugangsrechte klären
- Speichermedium festlegen und dabei auf Datenschutz achten
- Dateien systematisch nummerieren oder bezeichnen
Und das war’s im Grunde! Ein solches Projekt ist sicherlich aufwendig, aber bringt in jedem Fall eine Menge Spaß. Ich hoffe du bist jetzt einigermaßen gut vorbereitet, um die Videographie als Forschungsmethode einzusetzen. Weiterführende Literatur habe ich dir wie immer unter dem Video verlinkt. Film ab!
Wenn du auf dem Weg zu mehr Erfolg im Studium noch ein wenig Starthilfe für deine wissenschaftliche Arbeit benötigst, dann habe noch ein PDF für dich, das du dir gratis herunterladen kannst:
Die 30 besten Formulierungen für eine aufsehenerregende Einleitung