Wissenschaftstheorie - einfach erklärt

Ontologie, Epistemologie, Methodologie (einfach erklärt)

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Die nebulösen Fremdwörter Ontologie, Epistemologie und Methodologie tauchen häufig in sozialwissenschaftlichen Texten oder Vorlesungen auf. Aber was hat es mit diesen Begriffen auf sich und wie hängen sie zusammen?

In diesem Video erkläre ich dir also die Einzelbedeutungen und den Zusammenhang von Ontologie, Epistemologie und Methodologie. So bist du bestens gerüstet für wissenschaftstheoretische Diskussionen und kannst viel besser einordnen wie einzelne wissenschaftliche Arbeiten im Gesamtkontext zu betrachten sind.

Meiner Ansicht nach ist das Verständnis dieser 3 Begriffe der Schlüssel zum nächsten Level deiner akademischen Karriere.

Warum sind Ontologie, Epistemologie und Methodologie so wichtige Begriffe?

Wie du sicherlich schon bemerkt hast, bewegen wir uns hier wieder im Bereich der Wissenschaftstheorie. Diese ist eine Teildisziplin der Philosophie, welche als Meta-Disziplin Auswirkungen auf alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen hat. Wissenschaftstheorie heißt im Englischen übrigens „Philosophy of Science“.

Die Begriffe Ontologie, Epistemologie und Methodologie sind also philosophischer Natur und haben damit zu tun, wie man Wissenschaft philosophisch versteht. Das ist wichtig, weil es ohne philosophische Grundannahmen niemals zu einer wissenschaftlichen Arbeit wie du sie kennst kommen kann.

Wenn du beispielsweise einen Fragebogen für deine Masterarbeit entwickelst, den 150 Leute ausfüllen sollen und du dann in SPSS statistische Tests durchführst, dann unterliegt dieser wissenschaftlichen Arbeit eine bestimmte Vorstellung oder Grundannahme von Ontologie und Epistemologie, wonach sich auch die Methodologie richtet.

Führst du in deiner Arbeit jedoch Interviews, dann unterliegt deiner Arbeit eine andere Ontologie, eine andere Epistemologie und natürlich auch eine andere Methodologie.

Wenn du nicht weißt, welche philosophischen Grundannahmen deiner Forschung unterliegen, kann es passieren, dass jemand der sich darüber im Klaren ist, dich mit einer gezielten Frage dazu auf dem falschen Fuß erwischt.

Eine schöne Metapher für den Zusammenhang von Ontologie, Epistemologie und Methodologie ist ein Eisberg. Deine Methodologie und deine Methoden liegen an der Oberfläche und sind sichtbar. Ontologie und Epistemologie liegen unter der Oberfläche, sind aber untrennbar mit dem Sichtbaren Eis verbunden.

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Ontologie

Die Ontologie befindet sich am untersten Punkt unter Wasser. Dieser Begriff beschreibt die philosophische Auseinandersetzung mit dem ‚Sein‘ an sich oder damit ‚wie die Dinge beschaffen sind‘. Oder anders ausgedrückt: Wie verstehen wir Realität?

Das klingt erstmal ziemlich verwirrend. Was sollte es da für Unterschiede geben?

Eine Menge!

Ontologie in den Naturwissenschaften

Sagen wir mal du bist Atomphysikerin und arbeitest im CERN an einem Teilchenbeschleuniger. Dein naturwissenschaftliches Verständnis von Realität ist mit großer Wahrscheinlichkeit von der Überzeugung geprägt, das 1+1=2 ist und die Atome, die sich im Teilchenbeschleuniger beobachten lassen, objektiv real sind. Also wenn ein Kollege oder ein Alien in den Teilchenbeschleuniger schauen würden, wären die Atome noch immer genauso real, unabhängig von dir als Subjekt.

Diese Ontologie, die den Annahmen des Objektivismus folgt, ist in den Naturwissenschaften von der Mehrheit der Forschenden akzeptiert. Zugegeben wäre es sonst auch ziemlich schwierig irgendwie Fortschritte zu machen.

Ontologie in den Sozialwissenschaften

Wenn wir jetzt allerdings in den Bereich der Sozialwissenschaften schauen, wird die Sache ein wenig komplexer. Hier beobachten wir nicht Atome oder andere naturwissenschaftliche Phänomene, sondern soziale Phänomene. Diese werden nicht durch die Gesetze der Physik, sondern durch die Interaktion von Menschen beeinflusst. Kann man hier also von der gleichen Ontologie ausgehen?

Manche sagen ja – das kann man. In der Psychologie zum Beispiel hat sich ebenfalls eine naturwissenschaftliche Ontologie durchgesetzt. Hier wird davon ausgegangen, dass sich psychologische Phänomene verallgemeinern lassen und objektiv real sind – so wie in der Naturwissenschaft. Das hat dann Auswirkungen darauf, welche Methoden zur Gewinnung von Wissen akzeptiert sind – aber dazu kommen wir gleich noch.

Andere SozialwissenschaftlerInnen sind von dieser Ontologie bestürzt. Für sie ist es völlig klar, dass soziale Phänomene im Auge des Betrachters liegen und sozial konstruiert sind. Wie wir Menschen die Realität wahrnehmen, hat also viel damit zu tun, wie wir sie interpretieren. Es gibt also keine objektive Realität, sondern eine subjektive. Diese Ontologie läuft auch unter Konstruktivismus.

Seit den 1970er Jahren hat sich dazu noch eine dritte bekannte Position herausgebildet, die ein wenig zwischen beiden vermittelt, auch „Critical Realism“ genannt.

Ein klassisches Beispiel was ein mir bekannter Professor immer gibt ist folgendes: Ist ein Stuhl ein Stuhl, weil er vier Beine und eine Lehne hat? Oder ist ein Stuhl ein Stuhl weil wir ihn zum Sitzen verwenden? Die Antwort darauf entscheidet über die Ontologie.

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Epistemologie

Für die Epistemologie wandern wir nun etwas näher an die Oberfläche. Hier geht es um die Frage: Wie ist es überhaupt möglich Wissen über die Welt zu erlangen?

Welche Wege des Wissensgewinns sind in einer wissenschaftlichen Disziplin akzeptiert? Wenn unsere CERN Wissenschaftlerin Messungen im Teilchenbeschleuniger macht, dann ist sie davon überzeugt, dass so neues Wissen generiert werden kann. Außerdem ist sie sich darüber bewusst wie die „Natur“ dieses Wissens aussieht. Und zwar hart, anfassbar und objektiv. Diese Epistemologie nennt man auch Positivismus.

In der sozialen Realität ist das natürlich wieder etwas komplizierter. Hier könnte Wissen genauso gut als persönlich, subjektiv und einzigartig charakterisiert werden. Das hat dann wiederum enorme Auswirkungen darauf, wie wir als Forschende neues Wissen erlangen können und welche Methoden wir dazu akzeptieren können und welche nicht. Diese epistemologische Position nennt man auch Interpretivismus.

Der Zusammenhang von Ontologie und Epistemologie

Wie du schon bemerkt hast, passt immer eine bestimmte Epistemologie zu einer darunter liegenden Ontologie.

Eine positivistische Epistemologie steht im Zusammenhang mit einer objektivistischen Ontologie.

Eine interpretivistische Epistemologie steht im Zusammenhang mit einer konstruktivisitischen Ontologie.

Hier gibt es wie gesagt noch weitere Positionen wie den Critical Realism, aber das wäre Stoff für ein anderes Video.

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Methodologie

Die philosophischen Annahmen die du triffst, also welche Ontologie und Epistemologie deine Vorstellung von Realität und Wissen prägen, entscheiden über die Methodologie, die du in deiner Forschung anwendest.

Grob gesagt gibt es auch hier wieder zwei Positionen, die einander gegenüberstehen. Diese methodologischen Herangehensweisen sind das quantitative und das qualitative Forschungsparadigma.

Im klassischen Sinne passt eine quantitative Herangehensweise zur objektivistisch-positivistischen Position und die qualitative zur konstruktivistisch-interpretivistischen Position.

Auf diesem Level des Eisbergs sind die Möglichkeiten aber schon deutlich flexibler. Zumindest in den meisten Sozialwissenschaften. Es gibt Methoden, die beide Ansätze kombinieren oder über kreuz funktionieren und so einen methodischen Pluralismus schaffen.

In der Geschichte der Wissenschaft ist es immer wieder zu (verhältnismäßig) heftigen Diskussionen und Streits gekommen, welche philosophischen Annahmen in welcher Disziplin denn nun die Richtigen sind. Zum Glück ist es heute jedoch möglich, auch mit weniger prominenten Positionen erfolgreich zu sein und zur Diversität einer Disziplin beizutragen.


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2 Gedanken zu „Ontologie, Epistemologie, Methodologie (einfach erklärt)

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