Ist ein von ChatGPT generierter Text ein Plagiat? Seit der Chatbot ChatGPT die akademische Welt ordentlich durchgerüttelt hat, beschäftigt diese Frage viele Studierende und Universitäten.

Wenn du ChatGPT zur Erstellung deiner wissenschaftlichen Arbeit verwendest, läufst du dann Gefahr eines Plagiats bezichtigt zu werden und durchzufallen?

Genau dieser Frage gehen wir heute im Detail nach, damit du genau weißt, was du mit ChatGPT alles anstellen kannst und wovon du lieber die Finger lassen solltest.

Was ist ein Plagiat?

Damit wir uns überhaupt eine Meinung über von ChatGPT generierte Texte bilden können, müssen wir definieren was ein Plagiat ist.

Die Uni Münster beispielsweise zitiert in ihrer Prüfungsordnung dazu aus der „Resolution des Deutschen
Hochschulverbandes vom 17. Juli 2002″. Ein Plagiat ist demnach festzustellen, wenn

„Texte Dritter ganz oder teilweise, wörtlich oder nahezu wörtlich
übernommen und als eigene wissenschaftliche Leistung ausgegeben werden. Ein solches
Vorgehen widerspricht nicht nur guter wissenschaftlicher Praxis, es ist auch eine Form des
geistigen Diebstahls und damit eine Verletzung des Urheberrechts.“

Diese Definition dient uns nun als Grundlage für die folgende Einordnung von KI-generierten Texten.

Ist ChatGPT-Text ein Plagiat?

Aus meiner Sicht macht es Sinn, zwischen 3 Formen der Anwendung von ChatGPT zu unterscheiden.

#1 Grammatik und Rechtschreibprüfung mittels ChatGPT

Nehmen wir mal an, du schreibst deinen eigenen Text und verwendest dort wissenschaftliche Quellen, die du wie gewohnt zitierst. Jetzt ordnest du ChatGPT an, diesen von dir verfassten Text zu optimieren.

Das KI-Programm könnte beispielsweise Grammatik und Rechtschreibung überprüfen, Synonyme finden oder den Text so paraphrasieren, dass er wissenschaftlicher klingt.

Handelt es sich hierbei um ein Plagiat?

Nein. Du bist der geistige Urheber des Textes und hast Fremdquellen kenntlich gemacht. Ein Plagiat ist das nicht. Grammatik-Software oder eine menschliche Lektorin führen schließlich auch nicht zu einem Plagiat.

#2 Du paraphrasierst einen fremden Text mithilfe von ChatGPT

Du könntest natürlich auch auf die Idee kommen, einen fremden Text von ChatGPT umschreiben zu lassen. Jetzt kommt es darauf an, ob die Originalquelle kenntlich machst oder nicht. Das war vor ChatGPT das entscheidende Kriterium und ist es nun immer noch.

Du machst die Originalquelle kenntlich (indirektes Zitat)

Paraphrasieren ist eine Technik des wissenschaftlichen Arbeitens und bei korrekter Angabe der Originalquelle nichts anderes als ein indirektes Zitat.

Benutzt du ChatGPT auf diese Art und Weise, begehst du keinen Plagiarismus. Du solltest dich allerdings fragen, bis zu welchem Ausmaß ChatGPT hier helfen kann. Ein sinnvolles indirektes Zitat ist vielleicht 1-3 Sätze lang.

Längere Textpassagen und damit mehrere Gedankengänge hintereinander zu paraphrasieren macht wenig Sinn. Denn ein Bewertungskriterium einer wissenschaftlichen Arbeit ist es ja, eigene Gedankengänge und Argumente zu entwickeln.

Du machst die Originalquelle nicht kenntlich (Plagiat)

Lässt du ChatGPT einen fremden Text paraphrasieren und gibst die Originalquelle nicht an, dann liegt hier selbstverständlich ein Plagiat vor.

Jetzt kommen wir aber zu dem sicherlich spannendsten Fall.

#3 Du lässt ChatGPT einen neuen Text generieren

Das Besondere an ChatGPT ist ja, dass das Programm eben nicht nur paraphrasieren, sondern auch generieren kann. Wenn du nun einen von der KI geschaffenen Text als deinen eigenen ausgibst, begehst du dann ein Plagiat?

Rufen wir uns dazu noch einmal die Definition eines Plagiats in Erinnerung. Es stellen sich folgende Fragen:

• Ist ChatGPT eine dritte Person?
• Handelt es sich um geistigen Diebstahl?
• Wird Urheberrecht verletzt?

Du darfst mir gerne in den Kommentaren widersprechen, aber ich denke die Antworten auf die ersten beiden Fragen ist nein. Eine Künstliche Intelligenz ist keine Person, das ist ja eben genau das entscheidende Charakteristikum einer KI – deshalb kann hier auch kein geistiger Diebstahl stattfinden.

Die Antwort auf die dritte Frage ist nicht ganz eindeutig. Schließlich verwendet ChatGPT ja auch Fremdquellen, die z.B. aus dem Internet stammen, gibt sie aber nicht an. Würdest du die gleiche Arbeit erledigen, müsstest du diese Quellen angeben, um kein Plagiat zu begehen.

Hier wäre es also ratsam, ChatGPT nach den Quellen zu fragen, auf denen der generierte Text basiert, diese zu prüfen und bei der Verwendung des generierten Textes anzugeben.

Zwischenfazit

Wir haben gesehen, dass du ChatGPT auf unterschiedliche Weise verwenden kannst. Wie du ChatGPT verwendest, entscheidet darüber ob du ein Plagiat begehst oder nicht.

Jetzt kommt das große ABER.

Bei der Begutachtung wissenschaftlicher Arbeiten ist Plagiarismus nicht das einzige Kriterium.

ChatGPT Plagiat vs. Prüfungsordnung

Was meine ich damit?

Du kannst ChatGPT als Hilfsmittel für deine wissenschaftliche Arbeit verwenden und dabei kein Plagiat begehen, aber trotzdem gegen die Prüfungsordnung verstoßen.

Schauen wir uns dazu mal die Eidesstattliche Erklärung an, die die Uni Münster in ihrer Prüfungsordnung vorsieht:

„Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit zum oben genannten Thema selbstständig verfasst habe, dass ich keine anderen Quellen und Hilfsmittel als die angegebenen benutzt habe und dass ich die Stellen der Arbeit, die anderen Werken – und auch elektronischen Medien wie dem Internet – dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen wurden, auf jeden Fall unter Angabe der Quelle als Zitate oder Entlehnungen kenntlich gemacht habe. Die Versicherung gebe ich auch für Tabellen, Skizzen, Zeichnungen, bildliche Darstellungen usw. ab.“

Hier stellt sich die Frage, ob ChatGPT ein Hilfsmittel ist. Das ist es. Nach dieser Erklärung müsste also ChatGPT ziemlich eindeutig als Hilfsmittel angegeben werden.

Das heißt aber nicht, dass die Verwendung von ChatGPT nach dieser Prüfungsordnung verboten ist. Es muss lediglich als Hilfsmittel angegeben werden.

Ob das so gut bei den Gutachtenden ankommt, ist natürlich fraglich.

ChatGPT Plagiat Scanner

Auch wenn die gezeigte Beispiel-Prüfungsordnung relativ klar regelt, wie vorzugehen ist, wurde sie natürlich nicht vor dem Hintergrund von ChatGPT verfasst.

Die Universitäten werden sich nun positionieren müssen und ihre Prüfungsordnungen gegebenenfalls anpassen. Es könnte passieren, das KI-generierte Textbausteine grundsätzlich als Plagiat eingestuft werden.

Hier würde praktisch die Definition, was ein Plagiat ist, verändert werden. Ein Anzeichen, dass es so kommen könnte, sind die KI-Detection-Scanner, die nun langsam auf den Markt kommen.

Mithilfe mathematischer Modelle können diese eine Wahrscheinlichkeit darüber ausgeben, ob ein Text von einer KI generiert wurde.

Darüber hinaus bietet jetzt auch Open AI, also die Firma hinter ChatGPT selbst einen ChatGPT Plagiat Scanner an, mit dem sich ChatGPT Texte erkennen lassen.

Diese Scanner lassen sich mit bestimmten Tricks umgehen. Eine Entwicklung in diese Richtung wäre also ein ständiges Wettrüsten, über das sich die Software-Entwickler wohl am meisten ins Fäustchen lachen würden.

Eine Evolution der Prüfungsformate

Um dieses Wettrüsten zu vermeiden, könnten Universitäten aber auch einen anderen Weg wählen. ChatGPT könnte weiterhin als Hilfsmittel erlaubt sein, doch die Prüfungsformate ändern sich. Es könnte mehr Formate wie mündliche Prüfungen geben oder weniger wissenschaftliche Arbeiten, die dafür aber empirisch sein müssen.

Ich bin gespannt, wie die Geschichte weitergeht.

Wenn du im Hier und Jetzt ChatGPT als Hilfsmittel für deine wissenschaftliche Arbeit verwenden möchtest, dann ist deine Aufgabe nun klar:

Studiere genau die aktuelle Prüfungsordnung deiner Universität oder Hochschule und stelle sicher, dass du nicht gegen sie verstößt. Das ist deine einzige Pflicht. Über den Rest müssen sich andere Gedanken machen.

Wenn du auf dem Weg zu mehr Erfolg im Studium noch ein wenig Starthilfe für deine wissenschaftliche Arbeit benötigst, dann habe noch ein PDF für dich, das du dir gratis herunterladen kannst:

Die 30 besten Formulierungen für eine aufsehenerregende Einleitung

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