Wissenschaftliche Methoden

Quantitative Inhaltsanalyse (7-Schritte Tutorial)

Du hast ein besonderes Augenmerk auf die quantitative Inhaltsanalyse gelegt, aber egal wo du suchst – du findest überall nur Bücher, Paper und Informationen zur qualitativen Inhaltsanalyse.

Rettung naht.

Die quantitative Inhaltsanalyse steht etwas im Schatten der qualitativen Variante und bekommt in Methodenbüchern oft nur ein Mini-Kapitel gewidmet. Wenn du aber eben genau diese Methode durchführen möchtest, dann brauchst du etwas mehr Anleitung. Und die sollst du bekommen.

In diesem Artikel lernst du in 7 Schritten, wie du eine quantitative Inhaltsanalyse durchführst, was der Unterschied zur qualitativen Inhaltsanalyse ist und in welchen Methodenbüchern du weiterlesen kannst.

Quantitative Inhaltsanalyse und qualitative Inhaltsanalyse: Der Unterschied

Die quantitative Inhaltsanalyse geht hauptsächlich auf ein Methodenbuch des Sozialpsychologen Bernard Berelson zurück. Er definiert darin die Inhaltsanalyse als eine „research technique for the objective, systematic, and quantitative description of the manifest content of the communication“ (Berelson, 1952, S. 489).

Achtung, diese Definition schrieb er für die Inhaltsanalyse im Allgemeinen, nicht nur die quantitative Variante. Das enthält natürlich jede Menge Zündstoff, da allein das Wort „quantitativ“ darin die Gemüter allen Überzeugten des qualitativen Forschungsparadigmas erhitzt.

Der Forschungsgegenstand der Inhaltsanalyse, ob quantitativ oder qualitativ ist immer qualitativer Natur. Die Inhaltsanalyse hilft uns dabei Zeitungsartikel, Filme, Social-Media-Beiträge oder Dokumente auszuwerten.

Die quantitative Inhaltsanalyse ändert dazu einfach sozusagen den Aggregatzustand der qualitativen Ausgangsdaten und quantifiziert sie, um die Daten so nach dem quantitativen Paradigma auszuwerten. Wie das abläuft, dazu kommen wir gleich.

Die quantitative Inhaltsanalyse möchte Inhalte systematisch und objektiv auswerten – doch das tut die qualitative Inhaltsanalyse auch. Der Unterschied besteht darin, dass die quantitative Variante sich noch etwas mehr „intersubjektiv“, so nennen es Lamnek und Krell (2016), nachvollziehen lässt.

Die Systematik und Interpretation bei der qualitativen Variante beruht mehr auf der Urteilskraft und Kreativität des Forschenden. Die quantitative Inhaltsanalyse hingegen folgt einer strikten Anleitung und möchte durch die Überprüfung von Hypothesen Theorie testen anstatt neue zu generieren.

Die quantitative Inhaltsanalyse hat eher die Rolle einer Erhebungsmethode, d.h. sie stellt die Daten bereit, die dann statistisch ausgewertet werden. Die qualitative Inhaltsanalyse ist hingegen eine klassische Auswertungsmethode.

Theoretische Vorarbeit bei der quantitativen Inhaltsanalyse (Schritt #1)

Wie in jedem Forschungsvorhaben, das dem quantitativen Paradigma folgt, ist es notwendig sich mit bestehender Theorie auseinanderzusetzen. Dazu gehört, dass du dein Forschungsproblem definierst. Also: Was möchtest du überhaupt herausfinden?

Dein Problem sollte sich nach Möglichkeit dem Zusammenhang von Variablen widmen, den du mit deiner Inhaltsanalyse überprüfen kannst. Sagen wir mal dem „Nachrichten-Framing“ zum Thema Klimawandel und den „Emotionen“ von Social-Media Usern.

Bevor du mit deiner Inhaltsanalyse startest, stellst du Hypothesen auf. Das sind deine Vermutungen über die Zusammenhänge der Vorausgesetzten Variablen. Immer unter Berücksichtigung der bestehenden Literatur bzw. Theorie und deinen Vorerfahrungen.

Alles über das Aufstellen von Hypothesen erfährst du auch in meinem Tutorial dazu.

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Stichprobe ziehen (Schritt #2)

Nun bildest du dein Sample. Sagen wir mal du untersuchst die Vorschaubilder von YouTube Videos zum Thema Klimawandel. Du solltest sicherstellen, dass deine Stichprobe auch repräsentativ für die Grundgesamtheit ist, über die du eine Aussage treffen möchtest, also z.B. „Öffentlich-rechtlich finanzierte YouTube-Kanäle“.

Im nächsten Schritt würdest du prüfen, wie viele Kanäle dafür infrage kommen und wieviele Videos auf diesen Kanälen das Thema Klimawandel behandeln. Sind das mehr als du in deinem Projekt analysieren kannst oder willst, wäre die beste Lösung wohl eine zufällig gebildete Stichprobe aus allen relevanten Vorschaubildern, z.B. 100 Stück.

Analyseeinheit festlegen (Schritt #3)

Jetzt legst du fest, wie kleinschrittig du dein Material analysierst. Im YouTube Beispiel könntest du sagen, eine Analyse-Einheit ist jeder Quadratzentimeter des Vorschaubildes bei einer Auflösung von soundso viel Zentimetern. Wenn du einen Text analysierst kann die Analyseeinheit ein ganzer Satz sein oder auch jedes einzelne Wort. Das musst du mit deinem Forschungsziel abstimmen.

Bist du auf der Suche nach semantischen Feinheiten, sagen wir mal Emotionen, dann könnte es Sinn machen, jedes einzelne Wort zu untersuchen. Suchst du eher nach einer gröberen Dimension, sagen wir mal einem Nachrichten-„Frame“, dann macht es mehr Sinn ganze Sätze oder Textabschnitte zu betrachten.

Deskriptive Kategorien definieren (Schritt #4)

In diesem Schritt legst du vor deiner Analyse fest, in welche Kategorien du deine Analyseeinheiten einordnen möchtest. Dazu recherchierst du aus der wissenschaftlichen Literatur ein sogenanntes Codebuch oder Kategorienschema. Wenn du kein für deine Zwecke passendes findest, dann musst du selbst eins erstellen.

In unserem Beispiel mit den Nachrichten-Frames würde ein solches Codebuch alle möglichen Frame-Arten für einen bestimmten Kontext auflisten, z.B. Falschinformationen, und Anweisungen bereitstellen, wann ein Satz oder Tweet oder Video oder Bild einem bestimmten Frame zuzuordnen ist.

Dazu stellen Autoren von Codebüchern meist auch ein Beispiel bereit und konkrete Anweisungen zum Kodieren, also dem Zuordnen der Kategorie zu einer Analyseeinheit. Stell dir das Codebuch wie eine Anleitung zur Analyse vor, die du selbst befolgen kannst oder anderen bereitstellst.

In meinem Tutorial zum Thema „Codebuch erstellen“ zeige ich dir ein Beispiel eines Codebuchs und einen Leitfaden, wie du selbst eins erstellen kannst.

Quantifizierung (Schritt #5)

Nachdem du all deinen Analyseeinheiten eine eindeutige Kategorie zugeordnet hast, zählst du, wie oft jede Kategorie in deiner Stichprobe vorkommt. So kannst du Aussagen über die Häufigkeiten machen. Außerdem hast du jetzt Zahlenwerte, die die Häufigkeit der Kategorien wiedergeben. Damit kannst du nun statistische Berechnungen vornehmen.

Die prominenteste Technik der Auswertung ist die Frequenzanalyse. Hierbei schließt du von der Häufigkeit der Kategorien auf die zu überprüfende Variable. Lamnek und Krell (2016) unterscheiden noch zwischen vier weiteren Techniken: Dokumentenanalyse, Valenzanalyse, Intensitätsanalyse und Kontigenzanalyse.

Statistische Auswertung (Schritt #6)

Die statistische Auswertung kann deskriptiv sein oder multivariat, wenn die Datenmenge es zulässt. Mit den Ergebnissen der Auswertungen bestätigst oder verwirfst du deine Anfangs aufgestellten Hypothesen. Dafür ist es notwendig, dass deine Kategorien eindeutig operationalisiert sind und auch die zu überprüfenden Variablen repräsentieren.

Deshalb müssen die Problemformulierung, das Aufstellen der Hypothesen und die Auswahl der Kategorien gut aufeinander abgestimmt sein.

Ergebnisdarstellung der quantitativen Inhaltsanalyse (Schritt #7)

Um die Ergebnisse in deiner quantitativen Inhaltsanalyse zu berichten, machst du am besten Gebrauch von Tabellen. Zuerst berichtest du die absoluten Häufigkeiten der Kategorien und beschreibst sie in deinen eigenen Worten.

Danach berichtest du die Ergebnisse deiner statistischen Tests, warum diese ausgewählt wurden und was die Ergebnisse bedeuten.

Zuletzt erklärst du, welche deiner Hypothesen bestätigt wurden und welche verworfen werden müssen.

Fazit zur quantitativen Inhaltsanalyse

Die quantitative Inhaltsanalyse ist eine gute Wahl, wenn du auf der Suche nach einer Erhebungsmethode für eine statistische Auswertung bist. Manchmal gibt es Forschungsfragen, für deren Beantwortung sich klassische quantitative Erhebungsmethoden wie Surveys oder Experimente nicht eignen und du eine Alternative brauchst.

Dann ist die quantitative Inhaltsanalyse genau das was du suchst!

Weiterführende Literatur zur quantitativen Inhaltsanalyse

Berelson, B. (1954). Content Analysis. In G. Lindzey (Ed.), Handbook of Social Psychology. Vol. 1: Theory and Method (S. 488–522). London: Addison-Wesley.

Lamnek, S., & Krell, C. (2016). Qualitative Sozialforschung: mit Online-Material (6. Aufl.). Weinheim ; Basel: Beltz.

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