Hast du schon mal von Niklas Luhmann’s Zettelkasten System gehört? Wenn nicht, dann solltest du jetzt unbedingt dranbleiben, wenn du denkst du hast bei der Organisation deiner Lernmaterialien, Mitschriften und Ideen noch Luft nach oben.
Als die Mitarbeiter der Universität Bielefeld damit beauftragt wurden, den Nachlass des vielleicht einflussreichsten deutschen Soziologen zu verwalten, trauten sie ihren Augen kaum.
Das System, das sich hinter einer Wand aus hölzernen Schubfächern in Luhmann’s Büro verbarg war eine absolute Sensation. Dass das System funktioniert braucht keine weiteren Beweise, außer dass daraus nicht weniger als Luhmann’s große Systemtheorie entstand.
Damit auch Du von Luhmann’s Zettelkasten System profitieren kannst, schauen wir uns in diesem Artikel an, wie das Zettelkasten System funktioniert und wie du es auch ohne eine Wand aus Schubladen effektiv anwenden kannst.
„Durch Schrift wird Kommunikation aufbewahrbar, unabhängig von dem lebenden Gedächtnis von Interaktionsteilnehmern.“ (Niklas Luhmann)
Inhaltsverzeichnis
Wer war denn dieser Niklas Luhmann?
Luhmann war ein deutscher Soziologe, der an den Universitäten Harvard, Münster und Bielefeld forschte und lehrte. Bekannt ist er vor allem für seine Systemtheorie, einen der bedeutendsten Meilensteine der Soziologie des 20. Jahrhunderts.
In heutigen Doktorandenkreisen würde man sagen, Luhmann war eine Paper-Maschine. In der Tat war seine Produktivität im Vergleich zu anderen unglaublich hoch, was an der Zahl und Qualität seiner Publikationen leicht abzulesen ist.
Anders als viele Profs von heute, hatte Luhmann kaum Unterstützung bei seinen Publikation bzw. wollte er sie gar nicht haben. Das hin- und her und der organisatorische Overhead war ihm ein Dorn im Auge und er arbeitete lieber allein.
Wahrscheinlich wäre es auch gar nicht anders gegangen, da seine theoretischen Gedanken wohl kaum sinnvoll von anderen hätten nachvollzogen werden können.
Luhmann’s Zettelkasten System
Ein zentrales Element der Produktivität Luhmann’s waren seine Zettelkästen. Ich habe dir ein Video der Uni Bielefeld verlinkt, in dem die Zettelkästen wie sie noch heute dort stehen gezeigt werden.
Wenn du meinem Kanal schon länger folgst, hast du mich bestimmt schon mal vom „Second Brain“ gehört. Das ist eine Art Organisationssystem für persönliche Notizen aka. „Personal Knowledge Management“.
Wenn du Dinge kreieren willst, sagen wir mal eine Masterarbeit, ein Online-Business oder eine neue Theorie, wie eben Luhmann, dann brauchst du ein solches System.
Luhmann selbst sah sein Zettelkastensystem als „Denkwerkzeug“. Im Zettelkasten legte er vor allem Notizen zu zwei Dingen ab:
- Aufzeichnungen und Gedanken, die während des Lesens entstanden (Bibliographiezettel)
- Allgemeine Gedanken und zufällige Ideen (Notizzettel)
- Inhaltsverzeichnisse
Da sich in den Zettelkästen am Ende ca. 90.000 Zettel befanden, brauchte Luhmann natürlich eine Struktur, mit der er die richtigen Zettel zu jeder Zeit finden konnte.
Das Ordnungsprinzip
Auf jedem Zettel waren Nummer-Codes vermerkt. Die erste Nummer auf jedem Zettel steht für ein Thema, das für Luhmann’s Arbeit wichtig war. Nummer 1 in Zettelkasten 2 war zum Beispiel das Thema „Organisationstheorie“. Von diesen Oberthemen gab es über alle Zettelkästen verteilt mehr als 100 Stück.
Nach einem Komma oder Schrägstrich wurde dann jeder einzelne Zettel nummeriert. Das besondere an Luhmann’s Ordnungsprinzip ist aber, dass er die Zettel nicht einfach nach Themen sortiert abgelegt hat.
Wenn Luhmann beispielsweise einen Gedanken innerhalb des Themas „Organisationstheorie“ hatte, dann schob er einen neuen Zettel dort ein. Wenn er den Gedanken immer weiter führte, landete er vielleicht bei einem ganz anderen Thema, sagen wir mal Thema „Wirtschaft“.
Für das Thema „Wirtschaft“ gab es allerdings auch eine eigene Oberkategorie. Und darin könnte es vorkommen, dass er über einen Gedanken neue Ideen zur „Organisationstheorie“ entwickelte. Für verschiedene Themen gab es also unterschiedliche Pfade, die durch den unterschiedlichen Kontext ein Thema von verschiedenen Perspektiven beleuchtete.
Das ist das Geheimnis, wie Luhmann’s Systemtheorie so viel „Tiefe“ bekommen konnte.
Geplanter Zufall
Ein zweites einzigartiges Merkmal des Zettelkasten Systems ist, dass er den Zufall herausfordert. Das erreichte Luhmann, indem er die Zettel untereinander verknüpfte.
Wenn beispielsweise einzelne Zettel in Pfad 1 (Organisationstheorie) mit einem Zettel aus Pfad 8 (Wirtschaft) zusammenhingen, dann „verlinkte“ er die Nummer der entsprechenden anderen Zetteln.
So konnte er Gedankengänge kombinieren, die aus dem Lesen unterschiedlicher Bücher entstanden ist ein ziemlich pfiffiger Trick, um auf Gedanken zu kommen, auf die sonst niemand kommt – bzw. kein solches System hat.
Wenn du 3 unzusammenhängende Notizen mit jeweils einer Idee hast, dann sind diese 3 Ideen wert. Sind die 3 Ideen aber in einem Zettelkasten System gespeichert und somit untereinander verlinkt, entstehen neue Kombinationen. In der Theorie hast du mit A + B, A + C und B+C 3 weitere Ideen generiert, also insgesamt 6!
Und jetzt stelle dir vor, wie viele Kombinationen du bekommst, wenn dein Zettelkasten 90.000 Einträge hat…
Luhmann hat also per Hand, das muss man sich mal vorstellen, laufend alle Zettel aktualisiert und die Verlinkungen eingetragen. So entstand dann ein Netzwerk aus Gedanken, vergleichbar vielleicht mit Wikipedia, in dem einzelne Beiträge untereinander verlinkt sind.
Natürlich sind nicht alle Ideen miteinander kombinierbar. Oder wie Luhmann sagte:
„Schlangen und Katzen können nicht Schlatzen zeugen.“
Hol‘ dir jetzt die Komplettlösung zum Verfassen einer herausragenden Hausarbeit:
Zettelkasten System (digital) anwenden
Jetzt fragst du dich wahrscheinlich, wie du das System auf dein persönliches Wissensmanagement anwenden kannst. Aber wie soll das gehen? Schließlich bist du nicht Niklas Luhmann und das müsste es heutzutage doch eine bessere Lösung geben.
Ja.
Damit du zumindest ansatzweise Luhmann’s Zettelkasten System nachempfinden kannst, muss dein Second Brain die Möglichkeit der Verlinkung bieten.
Das ist auch der Grund, warum ich mich dazu entschieden habe von Evernote zu Notion zu wechseln. Evernote ist schon super und ich habe es viele Jahre gern genutzt. Hier werden die Notizen allerdings größtenteils linear gespeichert.
Das bedeutet, in meinem Evernote Second Brain gibt es das Überthema Dissertation und einige Unterthemen zu einzelnen Studien und so weiter. Es gibt aber nicht diese Querverweise von Ideen oder zwischen Notizen.
In Notion ist das anders. Hier kann die Community eigene Templates erstellen und teilen und Funktionen und Befehle schreiben. Notion ist also viel mächtiger als Evernote. Eine Verlinkung zwischen zwei Notizen ist hier eine Kleinigkeit.
Wenn du Interesse an einem Einblick in mein Notion Second Brain hast, dann schreibe das gerne in die Kommentare und ich mache ein Tutorial dazu.
Eine weitere Alternative ist „Obsidian“, diese Software habe ich aber noch nicht ausprobiert. In der Weiterführenden Literatur findest du noch einen weiteren Blogartikel den ich besonders hilfreich fand. Darin findest du eine Anleitung zur Erstellung deines eigenen digitalen Zettelkastens und warum das so genial ist.
Weiterführende Literatur zu Luhmann’s Zettelkasten System:
https://niklas-luhmann-archiv.de/nachlass/zettelkasten
https://mattgiaro.medium.com/how-to-start-your-digital-zettelkasten-in-simple-4-steps-2e6d38915fa1
Wenn du auf dem Weg zu mehr Erfolg im Studium noch ein wenig Starthilfe für deine wissenschaftliche Arbeit benötigst, dann habe noch ein PDF für dich, das du dir gratis herunterladen kannst:
Die 30 besten Formulierungen für eine aufsehenerregende Einleitung
Ein Gedanke zu „Luhmann’s Zettelkasten System (legendär)“