Wissenschaftliche Methoden

Explikation nach Mayring (Qualitative Inhaltsanalyse einfach erklärt)

Explikation nach Mayring einfach erklärt

Bist du auf der Suche nach einer einfachen Erklärung der Explikation nach Mayring und möchtest diese qualitative Analyse-Technik in deiner wissenschaftlichen Arbeit einsetzen?

Dann bist du hier genau richtig.

Denn in diesem Artikel erkläre ich dir, was es mit der Explikation nach Mayring (2015) auf sich hat und wie diese Technik im Verhältnis zu anderen Vorgehensweisen der qualitativen Inhaltsanalyse steht.

Zusammenfassung, Strukturierung, Explikation

In seinem Klassiker „Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken“ beschreibt Professor Mayring drei Analysetechniken.

  • Zusammenfassung
  • Strukturierung
  • Explikation

Die Zusammenfassung nimmt sich das gesamte vorliegende Datenmaterial vor und versucht durch Abstraktionen einfache Kategorien zu bilden, die das Material beschreiben. Aufbauend darauf können durch eine induktive Kategorienbildung neue theoretische Konzepte geschaffen werden.

Die Strukturierung geht von einer theoretischen Vorüberlegung aus. Dabei bildest du deine Kategorien, bevor du dein Material analysierst und verwendest dazu eine bestehende Theorie oder andere Konzepte, die du aus der Literatur ableitest. Diese Analysetechnik folgt demnach einer deduktiven Logik.

Je nach Forschungsfrage und Ziel deiner Arbeit kann eine andere Analysetechnik für deine qualitative Inhaltsanalyse Sinn machen. Es ist allerdings auch nicht verboten, sie miteinander zu kombinieren.

So ist z.B. eine deduktiv-induktiv Kombination aus theoriegeleiteter Strukturierung und anschließender induktiver Kategorienbildung eine beliebte Variante der qualitativen Inhaltsanalyse.

Die dritte Analysetechnik, die Mayring in seinem Buch beschreibt ist die Explikation.

Und zu der kommen wir jetzt.

Explikation nach Mayring einfach erklärt

Die Explikation nach Mayring in 6 Schritten

Bei der Zusammenfassung wird das vorliegende Material reduziert. Untersuchst du beispielsweise alle Shareholder-Briefe von Jeff Bezos an die Amazon-Aktionäre, dann stehen am Ende Kategorien, die dieses Material abstrakt repräsentieren.

Aus soundsovielen Briefen wird also ein möglichst kompaktes Kategoriensystem, das die Inhalte auf einen Blick widerspiegelt.

Laut Mayring hat die Explikation nun ein genau gegensätzliches Ziel. Es wird eine bestimmte, scheinbar wichtige Textstelle analysiert und neues Material hinzugenommen, welches dabei hilft, diese Textstelle besser zu verstehen.

Die Explikation ist immer dann nützlich, wenn eine Textstelle oder eine Aussage nicht eindeutig ist oder die Ausdrucksweise eine zusätzliche Interpretation benötigt. Analysierst du beispielsweise den Shareholder Letter aus dem Jahr 2018, findest du folgenden Satz:

„As always, I attach a copy of our original 1997 letter. It remains Day 1.“

„Es bleibt immer Tag 1“ – das ist eine etwas diffuse Aussage und verlangt Hintergrundwissen und Interpretation. Du musst also beispielsweise den Brief aus 1997 heranziehen und herausfinden, was sich hinter dem „Es bleibt immer Tag 1“ Prinzip verbirgt. Bei der Explikation wird also immer der Kontext einer Aussage mit einbezogen.

Wie du das systematisch anstellst, erklärt Mayring wie immer sehr. anschaulich in seinem Ablaufmodell, das er auch für die Explikation bereitstellt. Es besteht aus 6 Schritten.

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#1 Bestimmung der Auswertungseinheit bzw. Textstelle

Dieser Schritt ist selbsterklärend: Auf welche Textstelle soll die Explikation angewendet werden? Das kann ein einzelner Satz oder ein ganzer Paragraph sein, je nachdem wie viel gedanklich dazugehört.

#2 Lexikalisch-grammatikalische Definition der Textstelle

Manchmal reicht es schon aus, in einem Lexikon nachzuschlagen, um eine bestimmte Textstelle zu erklären. Das könnte der Fall sein, wenn in der Textstelle ein Fremdwort genannt wird, das nicht sehr geläufig ist. Oder ein fremdsprachlicher Ausdruck oder ein Fachterminus.

Die Erklärung aus dem Lexikon oder einer sonstigen Quelle kann dann als Zusatzmaterial hinzugefügt werden (siehe Schritt. 4). Eine einfache Übersetzung gilt auch als Explikation.

#3 Bestimmung des zulässigen Explikationsmaterials

Beim Hinzuziehen von Zusatzmaterial gilt folgende Regel:

Von innen nach außen.

Das bedeutet, dass zuerst am Text selbst geschaut wird, ob hier eine Erklärung zu finden ist. Steht die Erklärung vielleicht in einer Fußnote oder im weiteren Verlauf des Textes? Das Ziel sollte immer sein, die Erklärung so eng wie möglich am Ausgangstext zu finden.

Wenn das nicht möglich ist, dann kann der Kontext ausgeweitet werden. In unserem Amazon Beispiel wäre das dann der Brief aus 1997, der dabei hilft den Brief aus 2018 zu verstehen. Das wäre immer noch der gleiche Autor (Jeff Bezos) und das gleiche Medium.

Wenn das nicht helfen würde, könnte man in sonstigen Quellen der Firma Amazon recherchieren. Ist vielleicht auf der Firmenwebseite das „Day 1“ Prinzip erklärt?

Nein, dann muss vielleicht eine Sekundärquelle her. Ein Fachbuch oder ein Blogartikel, welche das Prinzip erklären.

Explikation nach Mayring einfach erklärt

#4 Enge vs. weite Kontextanalyse

Wenn für die Erklärung nur Text aus dem Ausgangsmaterial hinzugezogen wird, dann nennt Mayring dies enge Kontextanalyse. Wird zusätzliches Material verwendet, wäre das eine weite Kontextanalyse.

Enge Kontextanalyse

Für die enge Kontextanalyse müsstest du dein Ausgangsmaterial durchforsten und nach weiteren Hinweisen suchen. Können diese eine Definition oder Erklärung bieten, das Element beschreiben oder ausschmücken und so weiter?

Weite Kontextanalyse

Wenn du fremdes Material hinzuziehst, dann sollte dies immer gut begründet werden. Findest du Hinweise zum „Day 1“ Prinzip in der Biografie von Jeff Bezos? Dann wäre dies vielleicht sinnvolles Zusatzmaterial. Oder auf seinem Twitter-Kanal?

Du kannst diese Informationen natürlich auch selbst einordnen und eine Art Interpretation schreiben. Diese muss aber dann immer mit den Hinweisen aus dem Fremdmaterial verknüpft sein, sodass du deine Erklärung nicht aus der Luft greifst.

#5 Formulierung explizierender Paraphrasen

Diese Interpretation schreibst du nun auf. Das nennt Mayring eine „explizierende Paraphrase“. Hier gehen mit Mayring nun ein bisschen die Pferde durch, denn er schlägt folgendes vor:

Man könnte ja mit dem Fremdmaterial das in der weiten Kontextanalyse gesammelt wurde, nun eine zusammenfassende Inhaltsanalyse durchführen. Dann hast du die komplette Inhaltsanalysen-Inception.

Es kann aber durchaus sein, dass du Material findest, das widersprüchliche Beweise liefert. Diese Widersprüche musst du dann in deiner Paraphrase adressieren und dich begründet auf eine Erklärung festlegen.

#6 Überprüfung der Explikation

Deine fertige Paraphrase setzt du nun an der zu erklärenden Textstelle ein. Sofern du es beurteilen kannst, sollst du nun überprüfen, inwiefern die Paraphrase es schafft, die Textstelle zu erklären. Kann nun eine dritte Person verstehen was damit gemeint ist?

Wenn du denkst: Ja! -> dann ist deine Explikation dieser Textstelle hier abgeschlossen.

Wenn du denkst: Nein… -> dann ist vielleicht mehr Fremdmaterial und Recherche nötig, um die Paraphrase zu verbessern, um der Bedeutung der Textstelle so richtig auf den Grund zu gehen.


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