Warum ist ein Studium an der Uni so wenig praxisnah? Du sitzt jahrelang in Vorlesungen und hörst dir theoretische Konzepte an – irgendwann fragst du dich doch: „Wofür brauche ich das später eigentlich?“
Wenn du auch schon mal das Gefühl hattest, dass der Lernstoff irgendwie weltfremd wirkt, dann bist du hier genau richtig!
In diesem Artikel erkläre ich dir, warum dein Wunsch nach mehr Praxisnähe ein Trugschluss ist und Universitäten so stark auf Theorie setzen.
So kannst du bei der Studien- und Kursauswahl eine informierte Entscheidung treffen.
Inhaltsverzeichnis
3 Arten von Wissen
Wenn du dich für ein Studium entscheidest, kannst du dich auf 3 verschieden Arten von Wissen freuen: konzeptionelles, instrumentelles, und symbolisches Wissen.
Diese Unterscheidung wird dir dein Leben lang ein mentales Modell geben, mit dem du Wissen, dass du akquirieren möchtest, besser einordnen kannst.
Das symbolische Wissen werde ich in diesem Artikel nicht im Detail behandeln, stattdessen fokussieren wir uns auf die Unterscheidung zwischen konzeptionellem und instrumentellem Wissen.
So fällst du nicht dem Widerspruch zum Opfer, dir ein Studium mit mehr Praxisbezug zu wünschen, sondern kannst die Theorien, Konzepte und weltfremden Diskussion im Studium in vollen Zügen genießen – denn du weißt nach diesem Artikel auch genau, was sie dir bringen.
#1 Was ist konzeptionelles Wissen?
Eigentlich ist es ganz einfach: Es handelt sich um theoretisches oder deklaratives Wissen, das du in der Uni lernst. Es geht um Theorien, Modelle und Konzepte, die die Grundlage für unser Verständnis der Welt bilden.
Universitäten haben eine Art sozialen Kontrakt mit der Regierung, dass sie sich in der Forschung damit beschäftigen, konzeptionelles Wissen zu generieren und dieses in der universitären Lehre vermitteln.
Zum Beispiel lernst du in der BWL-Vorlesung, wie Marktmechanismen funktionieren oder in der Soziologie lernst du Theorien über gesellschaftliche Strukturen.
In der Forschung wird manchmal theoretisches Wissen nur um des Wissens willen generiert. Das ist eine wichtige Aufgabe von Universitäten, allerdings hat konzeptionelles Wissen auch einen Einfluss auf die Gesellschaft, der oft unterschätzt wird.
Dieser Einfluss wird unterschätzt, weil er (1) indirekt und (2) weniger spezifisch ist (Beyer, 1997).
Konzeptionelles Wissen ist jedoch das Fundament, auf dem wir unser praktisches Wissen aufbauen können. Das gilt für die Gesellschaft (z.B. Politiker:innen, die Gesetze entwerfen), aber auch Individuen (z.B. dich!). Es ist die Grundlage dafür, komplexe Zusammenhänge zu verstehen und Probleme analytisch zu lösen.
Stell dir vor, du baust ein Haus: Das konzeptionelle Wissen sind die Baupläne und die statischen Berechnungen, ohne die das Gebäude einstürzen würde.
Praktisches Wissen hingegen ist das Handwerk, das du brauchst, um die Wände tatsächlich zu mauern und das Dach zu decken. Ohne solide theoretische Grundlagen wäre die praktische Umsetzung nicht möglich.
Dein Studium ist also dafür da, ein möglichst großes und breites Fundament zu legen, auf dem du später aufbauen kannst. Je mehr konzeptionelles Wissen du aufnimmst, desto besser wird dieses Fundament.
Carpenter (1986) erklärt es folgendermaßen: Konzeptuelles Wissen ermöglicht es dir, ein reiches Netzwerk von Beziehungen zwischen einzelnen Informationen aufzubauen. Dieses erlaubt dir später große Flexibilität beim Abrufen und Verwenden der Informationen.
Noch mal: Je mehr konzeptionelles Wissen du dir aneignen kannst, desto besser.
#2 Instrumentelles Wissen
Im Leben geht es nicht nur darum, Wissen zu besitzen, sondern auch darum, es anwenden und weiterentwickeln zu können.
Das Wissen, WIE du Dinge umsetzt, nennt man auch instrumentelles oder prozedurales Wissen. Das kann eine konkrete Programmiersprache, eine systemische Gesprächsführungstechnik oder eine handwerkliche Fähigkeit sein.
Beim prozedualen Wissen kann man auch noch mal zwischen 3 Leveln unterscheiden:
Prozeduren…
Erster Ordnung: Sind auf bekannte Ziele gerichtet und ist automatisch, flüssig, algorithmisch und umfassen spezifische Fertigkeiten wie das Einschlagen eines Nagels.
Zweiter Ordnung: Diese erreichen unbekannte Ziele, arbeiten nach spezifischen Verfahren und umfassen strategische Fähigkeiten wie Problemlösung.
Dritter Ordnung: Diese wechselt die Kognition zwischen den beiden anderen Ebenen und hat daher eine Kontrollfunktion.
(McCormick, 1997)
In der Mathematik ist die Unterscheidung zwischen konzeptionell und prozeduralem Wissen besonders stark ausgeprägt. Hier sagt man auch es geht um Verständnis (konzeptionell) versus Skills (prozedual) (Hiebert and LeFevre, 1986).
Das gleiche Argument lässt sich auch in fast allen anderen Disziplinen führen. In den Sprachwissenschaften wäre die Parallele: Bedeutung (konzeptionell) versus Lesen (prozedual) eines Gedichtes zum Beispiel.
Wenn du jetzt jede Menge an prozedualem bzw. instrumentellem Wissen aufbaust, dann gibt dir das jede Menge schnelle Erfolge. Aber ab einem bestimmten Punkt fehlt dir das konzeptionelle Wissen, um noch weiterzukommen.
Dann nimm jetzt Teil an meinem neuen online CRASH-KURS! (100% kostenlos)
(und erfahre die 8 Geheimnisse einer 1,0 Abschlussarbeit)
#3 Warum dein Studium nicht zu praxisnah sein sollte
Wenn du mal ein wenig heraus zoomst und nur die formale Bildung betrachtest, dann hast du die Schulzeit und dein Studium zum Erlernen von konzeptionellem Wissen. Und dein GANZES Berufsleben danach zum Erlernen von instrumentellem Wissen.
Instrumentelles Wissen ist selbstverständlich absolut essenziell, um dich in der Welt zurechtzufinden und einem Beruf nachzugehen. Das haben wir bereits geklärt.
ABER: Wenn du während deines Studiums den Erwerb von konzeptionellem Wissen ablehnst und stattdessen verstärkt auf instrumentelles Wissen setzt, dann besteht das Risiko eines Ungleichgewichts.
Sagen wir mal du hast ein Fundament an konzeptionellem Wissen das aus deiner Schulzeit stammt. Danach entscheidest du dich gegen ein Studium, und tauchst sofort ins „Handwerk“ ein:
Du erlernst jede Menge instrumentelles Wissen, aber sobald das Potenzial deines darunterliegenden konzeptionellen Wissens ausgeschöpft hast, kommst du nicht mehr weiter.
Du kannst aus noch mehr instrumentellem Wissen kein Kapital schlagen. Deine Fähigkeit dein Können, deinen ökonomischen Erfolg oder was auch immer weiter auszubauen ist dadurch limitiert und du erreichst ein Plateau.
#4 Tipps für die Umsetzung
Die zugegebenermaßen kontroverse These lautet also: Vermeide es, in deinem Studium theoretisches Wissen gegen praktisches Wissen einzutauschen!
Hole dir stattdessen so viel konzeptionelles Wissen, wie du kriegen kannst.
Das soll nicht heißen, dass du ein Fachidiot werden sollst – es heißt nur, dass du den Wert des konzeptionellen Wissens erkennst und jeden Anlass nutzt, um dich in diesem Aspekt weiterzubilden.
Dafür ist eine Universität der ideale Ort.
Du kannst und solltest selbstverständlich jede Menge Skills erlernen, damit du das Potenzial deiner konzeptionellen Grundlage auch ausschöpfst. Allerdings würde ich beides trennen, denn für instrumentelles Wissen ist die Uni meistens NICHT der ideale Ort.
Wie sollen dir BWL-Professorinnen instrumentelles Wissen beibringen, wenn sie selbst keine Unternehmerinnen sind?
TRENNE also Theorie und Praxis anstatt sie zu vermischen.
Erstens: Nutze Praktika und Nebenjobs, um Fähigkeiten zu erlernen. Egal ob in den Semesterferien oder während des Semesters einen oder zwei Tage pro Woche – jede praktische Erfahrung zählt.
Zweitens: Engagiere dich in Projekten oder Initiativen an deiner Uni. Oft gibt es studentische Gruppen, die an spannenden Projekten arbeiten, sei es im Bereich Umweltschutz, Technik oder Sozialarbeit. Diese Projekte bieten eine tolle Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln und gleichzeitig etwas Gutes zu tun.
Drittens: Nutze Netzwerke und Karrieremessen, um Kontakte zu knüpfen und Einblicke in verschiedene Berufsfelder zu bekommen.
#5 Formelle versus informelle Bildung
Zuletzt möchte ich noch den Glaubenssatz zerschmettern, dass dein Wissen und dein Lebensweg davon abhängt, wie gut dir Konzepte oder Skills an einer Universität beigebracht werden.
Eine Universität ist lediglich der formelle Weg, der dir vom Staat zur Verfügung gestellt wird.
Es liegt an dir, wie viel zu davon nutzen möchtest und wie viel dieser formellen du mit informeller Bildung ergänzt.
All die klugen Köpfe, die die Welt mit ihren Unternehmen oder Ideen verändert haben, greifen oft nur sehr wenig auf formelle Bildung zurück. Aber über informelle Bildung Wissen und Fähigkeiten aufzubauen und das Mindset zu haben, lebenslang zu lernen, ist immer ein fundamentaler Bestandteil dieser Biografien.
Du kannst heutzutage von Barack Obama lernen, wie du charismatischer reden kannst. Du kannst von echten Unternehmern lernen, wie du ein Produkt vermarktest. All dieses Wissen ist nur einen Mausklick entfernt.
Lege das Schicksal deiner Bildung also nicht in die Hand der Hochschule Niederrhein oder dem Abendgymnasium in Castrop-Rauxel.
Übernimm selbst die Kontrolle und LERNE.
Es wird sich auszahlen.
Wenn du auf dem Weg zu mehr Erfolg im Studium noch ein wenig Starthilfe für deine wissenschaftliche Arbeit benötigst, dann habe noch ein PDF für dich, das du dir gratis herunterladen kannst:
Die 30 besten Formulierungen für eine aufsehenerregende Einleitung