Du möchtest ein Literaturreview als Methode für deine wissenschaftliche Arbeit einsetzen? Dann bist du hier genau richtig.
In diesem Artikel geht es nicht darum, wie du einen Literaturteil aka aktuellen Forschungsstand aka Literature Review für eine empirische Arbeit schreibst.
Hier geht es um alleinstehende Literaturreviews, die sich als wissenschaftliche Arbeit ausschließlich mit der Literatur eines speziellen Forschungsfelds auseinandersetzen.
In diesem Artikel lernst du folgende 3 Dinge:
- Alle Typen von Literaturreviews und wie sie sich unterscheiden
- Wie du den richtigen Typ für dein Forschungsziel identifizierst
- Wie du die perfekte Anleitung für ein Literaturreview in deinem Fachbereich findest
Also mach es dir im Ohrensessel deines Lesezimmers oder dem Klappstuhl deiner Uni-Bib bequem und genieße die Show!
Inhaltsverzeichnis
- 1 Warum Literaturreviews als Methode wichtig sind
- 2 Taxonomie der Literaturreviews nach Cooper (1988)
- 3 9 Typen von Literaturreviews
- 4 Wie du die perfekte Anleitung für ein Literaturreview in deinem Fachbereich findest
Warum Literaturreviews als Methode wichtig sind
Eine wissenschaftliche Disziplin ist nur dann „wissenschaftlich“, wenn sie aktiv einen eigenen Wissensschatz aufbaut und pflegt. Eine Disziplin muss sich außerdem von anderen abgrenzen und immer wieder definieren, welche Art von Forschung sie beherbergen sollte oder nicht.
Dazu dienen Fachzeitschriften und Editoren, die bestimmte Themen pushen, Geldgeber, die bestimmte Forschungsprojekte fördern und Universitäten, die Lehrprogramme anbieten.
Ein etwas kleinerer, aber ebenso wichtiger Beitrag zur Pflege des Wissensschatzes in einer wissenschaftlichen Disziplin ist die Durchführung von Literaturreviews. Diese tragen nicht nur bestehendes Wissen zusammen, sondern erweitern dieses, indem sie durch Analyse der Literatur einen Mehrwert schaffen, der größer ist als die Summe der zugrunde liegenden Einzelteile.
Ein Literaturreview kann nach (Paré, 2015) beispielsweise
- die Breite der Forschung zu einem Thema helfen zu verstehen
- die empirischen Befunde zu einem Thema zusammenzufassen
- neue Theorie entwickeln
- einen konzeptionellen Hintergrund für zukünftige Forschung liefern
- Themen oder Forschungsbereiche identifizieren, die weitere Untersuchungen erfordern
Taxonomie der Literaturreviews nach Cooper (1988)
Über die Zeit haben sich verschieden Typen von Literaturreviews entwickelt. Diese sind weitgehend akzeptiert und helfen dir, als potenziellem Autor oder potenzieller Autorin eines Reviews, bei der Erstellung.
Bevor wir uns die Typen im Einzelnen ansehen, möchte ich die Taxonomy von Literaturreviews nach Cooper (1988) nicht unerwähnt lassen.
Professor Cooper identifizierte 6 Charakteristiken von Literaturreviews, und zwar:
(1) Fokus
Fokussiert sich das Review auf empirische Ergebnisse, Methoden, Theorien oder Anwendungsfelder?
(2) Ziel
Möchte das Review Wissen zusammenführen, kritisieren oder zentrale Forschungsprobleme identifizieren?
(3) Perspektive
Vertritt das Review eine neutrale oder subjektive Position?
(4) Abdeckung
Behandelt das Review möglichst alle vorhandenen Arbeiten zu einem Thema oder nur einzeln ausgewählte zentrale Werke? Nach welchen Kriterien werden diese ausgewählt?
(5) Organisation
Wird die Literatur historisch, konzeptionell oder methodologisch aufbereitet?
(6) Publikum
Richtet sich das Review an ein spezielles akademisches Publikum, Praktiker:innen oder die Allgemeinheit?
9 Typen von Literaturreviews
Auf Basis dieser Charakteristiken ergeben sich nun konkrete Arten von Literaturreviews. Hierfür beziehe ich mich nun wieder auf Paré (2015). Cooper’s Taxonomie ist noch immer relevant, aber die Literatur-Typen haben sich über die letzten Jahrzehnte noch ein wenig klarer herauskristallisiert.
Kategorie 1: Zusammenfassung von bestehendem Wissen
Narratives Review
Ein narratives Review fasst zusammen, was zu einem Thema bereits geschrieben wurde. Dabei wird meistens kein größerer theoretischer Mehrwert generiert, sondern es bleibt bei der Beschreibung. Die Auswahl der Quellen folgt keinem systematischen Vorgehen und muss auch nicht alle Publikationen zu einem Thema berücksichtigen. Die Quellen sind subjektiv durch die Autoren ausgewählt. All diese Punkte führen dazu, das narrative Reviews oft kritisiert werden.
Deskriptives Review
Beschreibende Reviews gehen da schon eher systematisch vor. Die identifizierten Quellen stellen dann eine Art Datensatz da, der auf einen ganz bestimmten Aspekt hin untersucht wird. Beispielsweise werden alle Quellen darauf untersucht, welche empirische Methode untersucht wurde. Dann würde man eine deskriptive Statistik darüber erstellen, welche Methoden in einem bestimmten Feld am häufigsten verwendet wurden. Hier kann man alles mögliche analysieren, z.B. die Veröffentlichungsjahre von Publikationen in einem Bereich, die Zitationsnetzwerke und noch vieles mehr.
Scoping Review
Das Scoping Review widmet sich einem bestimmten Forschungsthema und überprüft, in welchem Ausmaß zu diesem Thema in einer oder mehreren Disziplinen dazu veröffentlicht wurde. Hier muss darauf geachtet werden, dass die Auswahl der Quellen möglichst komplett ist und keine Studien übersehen werden. Berichtet werden dann die Anzahl an Publikationen über die Zeit hinweg und wie sich die Forschung zu einem Thema entwickelt hat. Die konkreten Inhalte der Studien spielen dabei eine kleinere Rolle.
Kategorie 2: Sammeln oder Zusammenführen empirischer Daten
Meta-Analyse
Die Meta-Analyse nimmt sich existierende Forschungsarbeiten vor und fasst deren statistische Ergebnisse zusammen. Die Stichprobe bildet dann eine Sammlung der relevanten Studien, die gelesen und ausgewertet werden müssen. Für eine Meta-Analyse kommen nur Studien mit quantitativen Ergebnissen infrage. Die gewonnenen Daten werden dann mit Hilfe statistischer Verfahren analysiert, um z.B. gleiche Muster innerhalb der vielen Einzelergebnisse zu finden und zu beschreiben. Ein komplettes Tutorial zur Meta-Analyse findest du ebenfalls auf meinem Kanal.
Qualitatives Systematisches Review
Beim qualitativen systematische Review solltest du dich nicht vom Namen in die Irre führen lassen. Auch hier werden ausschließlich quantitative Studien untersucht. Doch nicht wie bei der Meta-Analyse durch weitere statistische Tests, sondern eher erzählerisch. Dabei dienen vier Fragen als Leitlinie:
- (1) In welche Richtung ist ein Effekt zu beobachten?
- (2) Wie groß ist der Effekt?
- (3) Ist der Effekt über die untersuchten Studien hinweg konsistent?
- (4) Wie stark ist die Beweislage für diesen Effekt?
Umbrella Review
Achtung, jetzt wird es meta – Hinter diesem Begriff verbirgt sich ein Review von Reviews. In Disziplinen wie der Medizin werden bereits so viele systematische Reviews veröffentlicht, dass es sich lohnt, diese ebenfalls zusammenzufassen. Statt Umbrella Review wird auch manchmal der Begriff Meta-Review verwendet.
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Kategorie 3: Erklärungen bilden
Theoretisches Review
Das theoretische Review umfasst Studien, die sowohl quantitativ als auch qualitativ sein können. Hier ist es das Ziel, ein theoretisches Framework oder Modell zu bilden. So wird ein theoretischer Mehrwert geschaffen, indem Muster, Beziehungen oder konzeptuelle Unstimmigkeiten aufgedeckt werden. Das nennt man im Englischen auch „Synthesis“. Je größer der theoretische Mehrwert, den das Review generiert, desto besser.
Realist Review
Diese Art von Review ist eher etwas für Fortgeschrittene. Um diesen Typ zu verstehen, müssen wir uns auf die wissenschaftstheoretische Ebene begeben.
Reviews wie eine Meta-Analyse oder das qualitative systematische Review sind in Disziplinen wie der Medizin total sinnvoll. Hier gibt es wenig Uneinigkeiten über ontologische oder epistemologische Fragestellungen. In sozialwissenschaftlichen Disziplinen ist das anders.
Hier lässt sich gut argumentieren, dass es wenig Sinn ergibt systematische Reviews zu quantitativen Studienergebnissen zu machen, da so der sozial konstruierte Kontext ignoriert wird.
So ist die Art des Realist Reviews entstanden, welche nach dem Vorbild des Critical Realism untersucht, unter welchen Bedingungen und in welchen Kontexten bestimmte Ergebnisse gültig sind und wann eben nicht. Wenn du tiefer in diese Thematik einsteigen möchtest, schau gerne mal bei meinem Tutorial zu Ontologie, Epistemologie und Methodologie vorbei.
Kategorie 4: Kritische Auseinandersetzung
Kritisches Review
Review Typ Nummer 9 ist schnell erklärt. Die Auswahl der Quellen ist nicht systematisch und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht darum Schwächen, Widersprüche, Kontroversen oder Inkonsistenzen innerhalb eines Forschungsfeld aufzudecken.
Ein kritisches Review ist ebenfalls eher für Fortgeschrittene geeignet.
Wie du die perfekte Anleitung für ein Literaturreview in deinem Fachbereich findest
In meiner Zeit als Doktorand habe ich mich bereits an ein Scoping Review und ein theoretisches Review herangewagt und das hat auch prima funktioniert. Die letzten beiden Reviewarten hebe ich mir noch ein bisschen für später auf.
An deiner Stelle würde ich bei der Planung des Reviews mit dem Forschungsziel starten. Schaue dir dazu die Taxonomie von Cooper an und entscheide, welche Charakteristiken dein Review haben sollte.
Auswahl eingrenzen
Dann grenzt du die Auswahl der 9 Reviewtypen so stark es geht ein. Wenn du direkt weißt, welcher Typ passt – prima. Wenn du zwischen zwei Typen schwankst, auch ok.
Gehe nun auf eine führende Datenbank deiner Disziplin und Google Scholar und recherchiere existierende Reviews dieser Typen aus deinem Fachbereich. Gib also z.B. „theoretical review education“ oder „scoping review education“ ein.
Sollten hier zu wenig Ergebnisse bei rumkommen, probiere es nur mit dem Begriff review und deinem thematischen Schlüsselwort. An diesem Punkt kannst du selbst bewerten, welchen Typ Review du vor dir liegen hast.
Entscheidung treffen
Nachdem du einige Beispiele studiert hast, entscheidest du dich für den Typ, der er es sein soll. Jetzt recherchierst du nach einem Methoden-Paper zu genau diesem Reviewtypen, in genau deiner Disziplin.
Also im Idealfall findest du ein Methoden-Paper zu theoretischen Reviews in der Pädagogik. Wenn es das nicht gibt, dann weichst du eben aus und suchst ein Methoden-Paper zu theoretischen Reviews aus der Psychologie. Und so weiter.
So findest du irgendwann deine persönliche Anleitung, welche die Eigenheiten deiner Disziplin berücksichtigt und dir einen Schritt-für-Schritt Leitfaden gibt. Dieses Paper zitierst du dann selbstverständlich in deinem Methodenteil. Es ist natürlich nicht verboten Methoden-Paper aus fremden Disziplinen als Anleitung zu verwenden und zu zitieren – aber je verwandter sie mit deinem Bereich sind, desto besser.
Wenn du auf dem Weg zu mehr Erfolg im Studium noch ein wenig Starthilfe für deine wissenschaftliche Arbeit benötigst, dann habe noch ein PDF für dich, das du dir gratis herunterladen kannst:
Die 30 besten Formulierungen für eine aufsehenerregende Einleitung